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ADFC kritisiert Infrastruktur Hohe Nachfrage nach Lastenrädern in Bremen

In Bremen nutzen nach Angaben des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs mehr und mehr Menschen ein Lastenrad. Auch bei Gewerbekunden steigt das Interesse an den Transporträdern.
28.12.2020, 05:00 Uhr
Lesedauer: 3 Min
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Hohe Nachfrage nach Lastenrädern in Bremen
Von Mario Nagel

Die Zahl der Lastenräder steigt seit einigen Jahren in Deutschland stark an. Nach Angaben des Zweirad-Industrie-Verbandes (ZIV) verkauften die Händler bundesweit im vergangenen Jahr rund 75 000 Lastenräder, mehr als zwei Drittel davon waren motorisiert. Auch in Bremen sei eine steigende Nachfrage zu spüren, teilt Sprecherin Frauke Maack vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC) Bremen mit: Der Anteil bei den Fahrrädern sei zwar noch verhältnismäßig gering – „aber das Wachstum in der Branche ist extrem hoch“. Etwa 2000 bis 3000 Lastenräder könnte es derzeit in Bremen geben, schätzt Maack.

Jap Kellner, einer der beiden Geschäftsführer des Bremer Fahrradherstellers Velo Lab, bestätigt den schnell wachsenden Markt für Lastenräder: „Wir werden in diesem Jahr 50 Prozent mehr Lastenräder als im Vorjahr verkauft und ausgeliefert haben.“ Es hätten auch noch deutlich mehr sein können, sagt er, doch das Unternehmen stoße an die Produktionsgrenzen. Einen Grund für die steigende Nachfrage sieht Kellner in der Nachhaltigkeit: Viele Menschen würden ihren Zweitwagen gegen ein motorisiertes Lastenrad tauschen.

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In der Anschaffung ist ein E-Lastenrad, dessen Motor bis zu einer Geschwindigkeit von 25 Stundenkilometer beim Fahren unterstützt, bei Velo Lab ab rund 5000 Euro zu bekommen. Bei einer zehnjährigen Nutzung kämen durch Verschleiß und Wartung etwa 2500 Euro an zusätzlichen Kosten dazu. Ein Kleinwagen wür­de im selben Zeitraum inklusive Anschaffung und aller Ausgaben für Benzin, Versicherung und Wartung mindestens das Doppelte kosten, haben Experten errechnet.

Auch Gewerbetreibende würden daher im Stadtverkehr immer häufiger ein Lastenrad nutzen, sagt ZIV-Sprecher David Eisenberger. Der Eiswagen, das Espressomobil oder der Werkstattwagen – die Möglichkeiten, ein Lastenrad gewerblich zu nutzen, seien vielfältig. „Auch für Paket-Dienstleiter oder Lieferdienste sind Lastenräder eine Alternative geworden.“

Bremen plant Verleih

Bundesweit subventionieren deshalb mehrere Städte und Bundesländer den Kauf neuer E-Lastenräder mit bis zu 3500 Euro. Als Hamburg im September ein neues Förderprogramm für Lastenräder startete, waren die bereitgestellten 700 000 Euro nach 20 Minuten ausgeschöpft. Dabei hatte die Hansestadt im Vorjahr 1,5 Millionen Euro zur Verfügung gestellt.

In Bremen gibt es keine finanzielle Förderung für Lastenräder. Jens Tittmann, Sprecher des Verkehrsressorts, erklärt: „Wir haben uns gegen eine Kaufprämie entschieden und sind in Überlegungen, Lastenräder zu verleihen, um den Einstieg und die Hürde zum Kauf eines Lastenrades zu senken“. In der Regel seien die Käufer aber ohnehin bereit, die aufgerufenen Preise aus eigener Tasche zu zahlen, sagt Jap Kellner. „Auf den ersten Blick sind 5000 Euro für ein Fahrrad viel Geld, aber durch die großen Nutzungsmöglichkeiten und die niedrigen Zusatzkosten rechnet sich die Investition über die Jahre.“

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Die wachsende Zahlungsbereitschaft liegt für Frauke Maack auch an den Vorteilen der Lastenräder: „Es ist ein nachhaltiges Fortbewegungsmittel und flexibel einsetzbar. Ich kann meine Kinder, den Einkauf oder den Hund transportieren und bin auf kurzen Strecken im Stadtverkehr auch noch schneller als mit Auto.“

Hersteller: 500.000 Räder jährlich

Das sehen bundesweit viele Käufer offenbar genauso: Nach einer Schätzung von Sandra Wolf, Geschäftsführerin des bundesweit größten Herstellers von Lastenrädern, Riese & Müller, gibt es in Deutschland derzeit mehr als 300.000 Lastenräder, heißt es in der "Welt". In fünf Jahren, glaube sie, könnten alle sechs Monate eine halbe Million sogenannter Cargobikes neu zugelassen werden. „Das hat eine unglaubliche Dynamik“, sagte Wolf der Zeitung. Sie sehe derzeit nur eine Grenze: das deutsche Radwegenetz.

Auch der ADFC betrachtet die Infrastruktur als eines der größten Probleme für Lastenräder. Die Radfahrwege seien nicht breit genug für Lastenräder, selbst viele Straßen seien zu eng, beklagt Frauke Maack. „Gerade in Einbahnstraßen, von denen es in Bremen genug gibt, gibt es kaum Ausweichmöglichkeiten, wenn sich ein Auto und ein Lastenrad entgegenkommen.“

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Eine Lösung könnten die geplanten Fahrrad-Premiumrouten sein. Sie würden seit 1995 gefordert, sagt Frauke Maack. „Die Park- oder die Rembertistraße sind inzwischen Fahrradstraßen, auch der Wallring wird umgewidmet. Es tut sich also was.“ Das bestätigt auch Jens Tittmann: „Wir haben in Bremen oft nur einen zu schmalen Straßenraum zur Verfügung, können also nicht jeden Radweg so breit machen, wie es nötig wäre. Wir achten auf den geplanten Fahrrad-Premiumrouten aber auf die nötigen Breiten, sodass sich auch Lastenräder überholen können.“

Trotzdem brauche es laut Maack noch viel mehr infrastrukturelle Lösungen für Radfahrer wie zum Beispiel bessere Parkmöglichkeiten in der Innenstadt. Hier müsse an Lösungen gearbeitet werden, um den Umstieg aufs Rad attraktiver zu machen. Laut ZIV-­Sprecher David Eisenberger ist nämlich eines klar: „Zukünftig wird es mehr Lastenräder im Stadtbild geben, denn das Auto verliert im Stadtverkehr an Bedeutung.“

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