Die meisten der zur Ausmusterung anstehenden Straßenbahnen werden auf dem Schrott landen. Aber warum? Können die aus den Neunzigerjahren stammenden Trams nicht aufgemöbelt und in Länder verkauft werden, wo zum Teil noch deutlich ältere Modelle unterwegs sind? Mit dieser Frage sind in den vergangenen Tagen mehrere Leser an den WESER-KURIER herangetreten.
Eine Nachfrage bei der Bremer Straßenbahn AG hat ergeben: Nein, die Fahrzeuge vom Typ GT8N haben keine Zukunft als Second-Hand-Straßenbahn in anderen Städten. Sprecher Andreas Holling begründet das so: „Die Bahnen sind gewissermaßen Unikate. Abmessungen, Länge, Kurvenradius, Fahrgestellbreite – das wurde alles nach den Anforderungen unseres Bremer Netzes hergestellt.“ Andernorts könne man mit diesen Maßanfertigungen des Herstellers Adtranz & Kiepe nur sehr bedingt etwas anfangen.
Vor allem aber seien die meisten der 77 GT8N-Bahnen nach rund 25 Dienstjahren und zum Teil mehr als 1,5 Millionen absolvierten Streckenkilometern „wirklich runtergefahren“, so Holling. Die besseren von ihnen müssen ja sogar noch ein Weilchen durchhalten. Die Indienststellung der neuen Bahnen mit der Bezeichnung „Nordlicht“ erfolgt nämlich peu à peu bis ins Jahr 2023.
Nach Hollings Angaben werden die Fachkräfte in den BSAG-Werkstätten einige der ausrangierten Fahrzeuggespanne ausschlachten, um Ersatzteile für den Weiterbetrieb der noch einsatzbereiten GT8N-Bahnen auf Lager zu haben. Möglicherweise werde man eine sehr kleine Zahl der Auslaufmodelle auch zu Fahrschulzwecken behalten oder an den Verein Freunde der Bremer Straßenbahn übergeben, der sich der Pflege musealer Trams widmet. Aber in dieser Angelegenheit sei das letzte Wort noch nicht gesprochen.
Keine Abstellflächen für ausrangierten Straßenbahnen in größerer Zahl
Derweil sind bereits zwei GT8N-Bahnen an einen Bremer Schrotthändler übergeben worden. „Jedes Mal wenn eine neue Bahn bei uns auf den Hof kommt, nimmt derselbe Tieflader eine alte mit und bringt sie zum Verwerter“, sagt Andreas Holling. Das müsse aus logistischen Gründen auch so sein, denn auf den Betriebshöfen der BSAG gebe es keine Abstellflächen, auf denen die ausrangierten Straßenbahnen in größerer Zahl gelagert werden können.
Dass die Bremer Straßenbahn AG einer Zweitverwertung ihres Fuhrparks nicht grundsätzlich abgeneigt ist, zeigt sich nach Hollings Darstellung bei den Bussen. „Da stellt sich die Situation anders dar. Unsere gebrauchten Fahrzeuge können natürlich auch woanders eingesetzt werden“, erläutert der Unternehmenssprecher. Rund 230 Busse verschiedener Typen hat die BSAG aktuell im Bestand, vom kleinen Solaris Urbino mit lediglich 21 Sitzplätzen bis zum großen MAN-Gelenkbus mit fast dreifacher Fahrgastkapazität und einer Leistung von 235 Kilowatt. Aus dieser Flotte werden ständig Fahrzeuge ausgemustert. Wenn es so weit ist, werden sie zum Verkauf ausgeschrieben. In der Vergangenheit hat zum Beispiel der Bremer Flughafen einige Gebrauchtfahrzeuge der BSAG übernommen, um sie auf dem Rollfeld als Pendelfahrzeuge zwischen Terminals und Flugzeugen einzusetzen.